29. - 30. Mai 2010
In der Falle

Hin und wieder tappen Menschen in die Falle. Es gibt viele davon. Es gibt versteckte, es gibt hinterhältige, es gibt harmlose, es gibt offensichtliche, es gibt fiese, es gibt fehlerhafte, es gibt krasse und es gibt die Mutter aller Fallen.

Die Mutter aller Fallen liegt in der Westschweiz und dort startet unsere Geschichte. Ende Mai 2010 machten sich drei Gnome, als Vorhut, auf den Weg nach Les Planchettes. Sie kamen aus drei verschiedenen Himmelsrichtungen und sie trafen sich im wohlbekannten „Les Roches de Moron“ (auf Deutsch: die Trottel-Felsen). Fragt sich nur wer die Trottel sind: die Wandervögel, die sich in dieses Nest verirren oder die Beizer, die als USP eine 12 Meter lange Glace-Karte mit 240 Glace-Kreationen, 30 Glace-Sorten (wovon drei für Diabetiker) erfinden? Item, abgesehen von der Dessert-Karte, die übrigens Schweizer Rekord bedeutet, erlebten Luki, Jändu und Phibä einen äusserst unterhaltsamen Abend. Als erster tappte der Garçon in die Falle. Hatte der doch tatsächlich das Gefühl, eine einzige Weinflasche sollte den drei Gnomen zum üppigen und herrlichen Fondue chinoise reichen. Denkste! Jeder bestellte seine eigene Flasche! Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Nach der erwarteten Völlerei und ausgiebigem Gepletsche verschoben sich die drei mit einem kühlen Drink in den Restaurant-eigenen Spielsalon. Dort wurde ein hart umkämpftes „Cheiglen“ lanciert und dort tappte der Nächste in eine äusserst hinterhältige Falle. Oder wie soll man einen Flipperkasten, bei dem auch gegen ehrliche Bezahlung nur der linke Flipper die Arbeit aufnimmt nennen? Jedenfalls verliert das Flipperspiel stark an Reiz sobald die Kugel nur einseitig vom Fall in die Falle gehindert werden kann.

Item, nachdem der letzte Kegel, die letzte Flipperkugel und der letzte Schnaps gefallen waren bezogen die drei Quartier in der heimeligen exklusiv gebuchten Schuhschachtel. In Lukis Ecke wurde dann noch weiter diskutiert und ein weiterer Misstritt in eine Falle gemacht. Der Eine wollte den Anderen anzünden, er würde zu passiv in unserem wunderbaren Verein mitwirken. Warum denn das so sei? Damit lief der Eine dem Anderen quasi ins offene Messer, den der Andere hat da ein Argumentarium parat, das dem Einen jeglichen Wind aus den Segeln und jeglichem heimtückischen Lodern den Sauerstoff nahm. Das Feuer erlosch, die Falle schnappte zu und der Eine konnte sich nur noch mit einem „Sorry“ daraus befreien. Dann wurde geschlafen.

Am nächsten Morgen wurde ausgiebig gefrühstückt und auf die Nachhut gewartet. Bald war es so weit: Pierre, Steffu und Päscu trafen ein. Nach einer kurzen Routenplanung wurde der Abstieg an den Doubs in Angriff genommen. Zwar musste auf halbem Weg noch einer „rechtsumkehrt“ machen, da er das Handy beim Trottel-Felsen vergessen hatte, aber insgesamt kamen wir gut am Fluss und im ersten Spunten an. Und dieser Spunten hatte es doch in sich. Schliesslich wurde er von einem in der Romandie weltberühmten Bankräuber betrieben. Wahrscheinlich hatte dieser die Beute so gut versteckt, dass er sie nie mehr fand, denn der Spunten hätte wirklich einen neuen Anstrich verdient. Je nu. Anschliessend ging die Wanderung dem Doubs entlang weiter bis der richtige Platz für das Mittagessen gefunden wurde. Es wurde gegrillt, geschnurrt, das Wetter genossen und Steine ins Wasser geworfen. Einer aber tappte in ein ganz hinterhältige Falle. Und zwar tappte er schon ein paar Stunden vorher in diese, irgendwann zwischen Fondue chinoise und Flipperkasten, die Auswirkungen aber, und das ist das ganz fiese, die machten sich erst jetzt bemerkbar. Und die hauten ihn, dieses sonst so sicher mit beiden Beinen auf dem Boden stehende Mannsbild, glatt um. Als Kissen diente ihm ein Stein.

Kurz nach Wiederaufnahme des Marsches machten wir Bekanntschaft mit der offensichtlichsten Falle, die je gesehen wurde. Lag doch da ein über Jahrhunderte ausgewachsener Baum quer über dem Wanderweg. Dieser Falle auszuweichen genügte den Gnomen aber nicht: die Falle musste beseitigt werden. Am besten in den Fluss damit! Speziell einer mobilisierte all seine Kräfte und versuchte diese ca. 2 Tonnen schwere Holzfalle ins Wasser zu schleudern. Dabei stellte er auch physikalische Überlegungen an und versuchte sein Vorhaben mittels Hebelgesetz, der Hebel hatte einen Durchmesser von ca. 8 Zentimeter, umzusetzen. Der Baum bewegte sich keinen Millimeter. Beim erfolglosen Waldarbeiter handelte sich übrigens um denselben Gnom, der das Handy auf dem Trottel-Felsen vergessen hatte. MÖ?

Irgendwann kamen wir dann in Les Brenets an und bestiegen dort ein Zügli Richtung Saignelégier. Da wohnten wir in einer Jugi. Wobei „da“ nicht ganz korrekt ist. Der Schreibende wird den Verdacht nicht ganz los, dass der Organisierende da in eine kleine Falle getappt ist. Denn unsere Übernachtungsstätte, eine wahrlich schmucke Jugi, lag weiss Gott im Nachbarkaff. Je nu. Nach Zimmerbezug, Dusche und Fussmarsch zurück nach Saignelégier ging’s weiter mit dem wohlverdienten Bierchen. Übrigens irgendwann zwischen Les Brenets und eben diesem Bierchen schlossen sich noch Chrische, Märcu und Intschä den Wandergnomen an.

Nach einem ausgiebigen Essen mit viel Fleisch, Fondue chinoise war erneut hoch im Kurs, Wein, Sprüchen und vor allem viel Schnaps verschob sich der Mob in eine Bar. Dort wurde in einer lockeren Runde eher ruhig geschnurrt und ein bisschen geglotzt. Keiner ahnte, was noch auf uns zukommen würde. Der Schreibende kann sich nicht mehr erinnern, wer auf die Idee kam noch ein Haus weiterzuziehen, wer ausfindig machte wo und was dieses Haus war und wer den Transport dorthin organisierte. Oder sind wir zu Fuss gegangen?

Wie auch immer, dieses Haus, der Lesende ahnt es sicher bereits, dieses Haus war nicht einfach ein Haus. Nein! Hinter diesem Haus versteckte sich ganz hinterhältig und scheinheilig…

… die Mutter aller Fallen!

Was dann abging entbehrt jeglicher Vorstellungskraft. Die folgenden Stunden werden für immer und ewig in die Annalen unseres feinen Vereines eingehen, das Erlebte wird auf Lebzeiten unsere Freundschaften verbinden und zementieren und hat sich unauslöschlich in die tiefste Hirnrinde eines jeden Anwesenden eingebrannt!

Irgendeiner bestellte Drinks in rauen Mengen und bald wurde das Tanzpodest gestürmt. Nicht wie üblich von einem angetrunken und übermütigen Gnom. Nichts da! Der Aussenseiter war für einmal, der der unten beim normalen Tanzvolk blieb. Bald schon musste nachbestellt werden und als dann erstmals in der Geschichte des VMÖ für die Gemeinschaft eine Flasche Whisky, anstelle des obligaten und langweiligen Rums, bestellt wurde, spätestens dann wäre ersichtlich gewesen in welches Fahrwasser wir uns begeben hatten. Aber keiner konnte oder wollte es sehen. Wir waren in der Falle! Es wurde immer hemmungs- und koordinationsloser getanzt, auf dem Podest wurden röstigrabenüberwindende Freundschaften für’s Leben geschlossen und bald einmal tanzte der erste von uns barbusig in die Nacht. Um Zeit zu sparen wurde das Cola direkt in die Whisky-Flasche und von da weiter in die rauen, durstigen Kehlen geschüttet. Als dann der zweite, etwas schmalere Wurf, sich seines T-Shirts entledigte musste zum Wohle aller die Security eingreifen. „Pas comme ça!“ – „Ah, bon.“ Stiere Cheiben, die Welschen. Spassbremsen par excellence, sozusagen. Item, irgendwann wurden die letzten Minuten eingeläutet. Der Jüre Hofer hätte im Bierhübeli in der guten alten Zeit „Arrivederci Hans, das war der letzte Tanz“ aufgelegt. Nicht so les Romands. Die zelebrieren den letzten Tanz gemeinsam. So irgendwie à la Square Dance. Alle zusammen im Gleichschritt. Natürlich tanzten die Gnome mit, teils sogar auf dem Podest. Zeit zum Üben wäre genug gewesen, dieser letzte Tanz dauerte gefühlte 45 Minuten. Aber sitzt Du erstmals in der Falle, dann macht auch Übung keinen Meister!

Wir erwarteten einen gemütlichen, alkoholpegelsenkenden Nachtspaziergang zurück in die Jugi. Die Hoffnungen zerschlugen sich aufs Härteste! Es goss wie aus Kübeln. Von der Mutter aller Fallen in die Regenfalle. Es blieb nichts anders übrig als durch das kalte Nass Richtung Bett zu waten. Nässer als nass geht dann irgendwann nicht mehr, da war es auch ein schwacher Trost, dass zwei von uns, die an dieser Stelle nicht namentlich erwähnt werden sollen, zum Schutz noch zwei Sonnenschirme „fanden“. Schon lustig, was heutzutage alles so auf der Strasse zum Abholen bereit liegt…

Dann wurde geschlafen. Kurz und heftig. Einige standen früher auf, andere später. Man verabschiedete sich artig. Natürlich wurden noch ein paar vage Erinnerungen und Nettigkeiten ausgetauscht, die abgrundtiefen und ewig währenden, einer Blutsbruderschaft ähnelnden, Freundschaften beschworen und dann ging’s für den Schreibenden und ein paar Compagnons via Bähnli nach Hause.

Hin und wieder tappen Menschen in die Falle. Die Mutter aller Fallen bescherte mir den Kater des Lebens!

Phibä

Anmerkung: Dieser Erlebnisbericht gibt meine Erinnerungen wieder. Diese waren jedoch spätestens mit dem Erwachen in der Jugi ziemlich getrübt und wurden seither, gut neun Monate später, irgendwie nicht mehr klarer… Sollte das eine oder andere Detail daher nicht ganz der Realität entsprechen, bitte ich um Nachsicht.